Verantwortungsgefühle in Balance
- Esther Hur
- 7. Mai
- 3 Min. Lesezeit
Warum ein hohes Verantwortungsgefühl unsere innere Balance stören kann und wie wir sie wiederfinden
Ich erinnere mich gut an eine Zeit, in der ich dachte, ich müsste alles und jede*n zusammenhalten. Wenn etwas im Team nicht richtig lief, spürte ich innerlich sofort Unruhe. Groß war der Drang, das zu regeln, auch wenn es mich Kraft kostete. Wenn mein Partner einen schlechten Tag hatte, fragte ich mich, ob ich etwas falsch gemacht hatte oder wie ich ihn aufmuntern könnte. Wenn Kolleginnen über zu viel Stress klagten, überlegte ich, ob ich nicht irgendwo einspringen könnte. Ich war Meisterin darin, Verantwortung für andere zu übernehmen.
Was ich damals nicht bemerkte: Mein ausgeprägtes Verantwortungsgefühl tat mir überhaupt nicht gut.
Wenn Verantwortung kippt
Verantwortungsbewusstsein ist eine wertvolle Eigenschaft. Es zeigt, dass wir achtsam mit uns und anderen umgehen wollen. Doch es gibt einen entscheidenden Punkt, an dem sich Fürsorge in Überforderung verwandelt: Wenn wir beginnen, Verantwortung zu übernehmen für Dinge, die nicht in unserem Einflussbereich liegen oder die gar nicht unsere Aufgabe sind.
Ich erinnere mich an eine Phase, in der ich krank war, mich aber nicht traute, mich krankzumelden. Ich wollte mein Team nicht hängen lassen. Ich dachte an die Belastung, die ich meinen Kolleginnen und meinem Chef zumutete. Ich hatte sogar ein schlechtes Gewissen, weil ich glaubte, durch meine Abwesenheit die Stimmung oder Produktivität zu gefährden.
Was ich nicht sehen wollt e undkonnte: Ich stellte die Bedürfnisse anderer über meine eigenen. Das kostet unglaublich viel Energie. Ich geriet aus meiner Balance. Aus Verantwortungsgefühl wurde Selbstvernachlässigung.
Wofür bin ich wirklich verantwortlich?
Der Wendepunkt kam nicht über Nacht, sondern durch viele kleine Aha-Momente. Ich begann, mich ernsthaft mit einer Frage zu beschäftigen, die ich auch meinen Coachees heute oft stelle:
„Wofür bin ich tatsächlich verantwortlich – und wofür nicht?“
Die Antwort war überraschend entlastend:
Ich bin verantwortlich für meine Gesundheit, meine Grenzen, meine Energie.
Ich bin nicht verantwortlich für die Gefühle, Reaktionen oder Erwartungen anderer.
Ich kann Einfluss nehmen, aber nicht alles kontrollieren.
Ich darf absagen, Nein sagen, mich zurückziehen – ohne mich schuldig zu fühlen.
Verantwortung zu übernehmen bedeutet nicht, sich selbst zu vergessen. Im Gegenteil: Erst wenn ich gut für mich sorge, kann ich auch für andere auf gesunde Art und Weise da sein.
Was bedeutet Balance in der Verantwortung?
Balance bedeutet, Verantwortung bewusst zu gestalten. Nicht reflexhaft überall einzuspringen, sondern innezuhalten und zu fragen:
„Ist das gerade wirklich meine Aufgabe?“
„Habe ich die Ressourcen, mich darum zu kümmern?“
„Will ich das machen oder tue ich es aus Pflichtgefühl oder Angst vor Ablehnung?“
Diese Fragen haben mir geholfen, neue Grenzen zu setzen. Klarer, freundlicher, ehrlicher – mit mir selbst und mit anderen. Es ist kein Egoismus, sondern Selbstfürsorge.
Und das hat mein Leben verändert.
Was du für dich mitnehmen kannst
Vielleicht erkennst du dich in meiner Geschichte wieder. Vielleicht kennst du diesen inneren Druck, immer für alle da zu sein. Wenn ja, möchte ich dir sagen: Du darfst deine Verantwortung neu sortieren.
Hier ein paar Impulse, die mir geholfen haben:
Schreib auf, was in deiner Verantwortung liegt und was nicht.
Übe dich im Nein-Sagen. Nimm dir Zeit.
Beobachte, wie es dir geht, wenn du dich bewusst vom Verantwortungsgefühl löst.
Tausch dich aus – mit Menschen, die ähnliches erleben.
Denn: Ausgeglichene Verantwortung ist lernbar.
Wie gehst du mit deinem Verantwortungsgefühl um?
Lass uns drüber sprechen, ich freue mich.
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